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CO2-Verbrauch in der Industrie: Erneuerbare Energien für Gebäude und Prozesse

Bei goodmen energy haben wir uns auf die Dekarbonisierung im Gebäudesektor spezialisiert. 
Aber auch im Industriesektor ist eine Dekarbonisierung dringend erforderlich, denn dieser ist für mehr als ein Fünftel der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – und für rund 30 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland. Die Industrie spielt also eine absolute Schlüsselrolle bei der Energiewende. 

Gut 15 Prozent der gesamten (direkten) Kohlenstoffdioxid (CO2)-Emissionen in Deutschland stammen aus Gebäudesektor – graue Energie und Verbrauchsenergie im Betrieb nicht miteingerechnet (Stand 2021, Quelle Bundesregierung).  Der Industriesektor sorgt sogar für 23 Prozent der Treibhausgas-Emissionen. Zudem braucht die deutsche Industrie fast ein Drittel der Endenergie. 

Da Deutschland bis 2045 eine klimaneutrale und treibhausgas-freie Wirtschaft anstrebt, besteht hier dringender Handlungsbedarf.

CO2-Einsparungen in der Industrie: Möglichkeiten

2/3 der Treibhausgasemissionen durch die Industrie in Deutschland entstehen bei der Energiegewinnung. Das bedeutet in Konsequenz: Um CO2 einzusparen, muss ein

  1. Umstieg von fossilen Brennstoffen auf  erneuerbare Energienerfolgen. Dies ist in vielen Industrien sowohl bei der Wärmegewinnung als auch bei der Stromerzeugung möglich. Außerdem ist es sinnvoll, den
  2. Energieverbrauch zu reduzieren – sowohl im Produktionsprozess als auch im Gebäude. Als weitere Faktoren können noch die
  3. Rückgewinnung von Energie einerseits oder das
  4. Einfangen von schädlichen Gasen wie CO2 andererseits diskutiert werden.

1. Umstieg auf Erneuerbare Energien

Bei goodmen energy haben wir bereits einige Industriekunden beraten und betreuen dürfen. Dabei sehen wir uns zunächst die Verbraucher an, also Strom-, Wärme- und Kältebedarf sowie das Temperatur-Niveau. Wir unterscheiden zwischen Strom-/Wärme-/Kältebedarf für den eigentlichen Produktionsprozess und als Teil der Gebäudeversorgung.

1.1 Effizienzsteigerungen in der Wärme- und Kälteversorgung

Diese erreichen wir durch

  • den Einsatz von Wärmepumpen,
  • die Nutzung von Anergie (wodurch mithilfe einer Wärmepumpe Wärme und Kälte gleichermaßen bereitgestellt werden – ohne zusätzliche Kühlgeräte oder Klimaanlagen),
  • die Absenkung des Temperaturniveaus (wo möglich)

Bei einem großen Industriestandort mit einem Verbrauch von bis zu 200 GWh Strom machen Effizienzsteigerungen bei Wärme und Kälte einen eher kleinen Anteil aus. Somit erscheint uns unser Beitrag zur CO2-Freiheit des Produktionsstandorts auf den ersten Blick oft ziemlich gering zu sein. Doch selbst wenn wir hier vielleicht nur ein 20stel einsparen können, ist der Anteil ungefähr so groß, dass 3.000 Einfamilienhäuser mit Wärmepumpe ein Jahr lang versorgt wären!

An bereits bestehenden Industriestandorten gibt es oft wenig freie Flächen. Hochinnovative Ansätze zur Wärmegewinnung helfen, das Potenzial dennoch voll auszuschöpfen. Erdsondenspeicher haben beispielsweise einen geringen Platzbedarf und können durch PV(T)-Anlagen und industrielle Abwärme thermisch sehr gut regeneriert werden. Auch die intelligente Kombination mit einem Eis- oder Wasserstoffspeicher bietet hier interessante und wirtschaftliche Lösungsmöglichkeiten.

1.2.Einsatz Erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung

Sehr hohe CO2-Einsparungen sind beim Strom zu erzielen. An Industriestandorten ist der Strombedarf in der Regel sehr hoch. Hier bieten sich oft nicht nur generelle Strom-Sparpotenziale, sondern vor allem eine alternative Stromversorgung über PV-Anlagen und Windkraft als Ersatz für die bisherigen fossilen Brennstoffe an.

1.2.1. Photovoltaik (PV) – für Industriestandorte ein Muss

Eine PV-Anlage an einem Industriestandort lohnt sich immer, sagt unser Prokurist Markus Pröll.  Fabriken haben oft einen ganztägig und ganzjährig gleichbleibenden Strombedarf, der weit über dem liegt, was eine PV-Anlage liefert. Das bedeutet, dass jede Kilowattstunde, die von der PV-Anlage auf dem Dach kommt, direkt im Produktionsprozess verbraucht wird. Wirtschaftlich ist dies extrem attraktiv, da man nicht von Einspeisepreisen der Energie ins öffentliche Netz abhängig ist und gleichzeitig weniger Strom über das Netz beziehen muss.

Doch nur die Dächer oder Fassaden mit Photovoltaik auszurüsten, ist leider keinesfalls ausreichend, um den hohen Energiebedarf zu decken. Denn wie viel Solarenergie kann man damit gewinnen? Dazu ein Beispiel aus unserer Praxis: Derzeit planen wir bei goodmen energy Einsparmaßnahmen für einen bestehenden Industriestandort mit einem Stromverbrauch von 5 GWh. Dazu haben wir für alle verfügbaren Dachflächen eine Belegung mit PVT geplant (6.000 m2). So erzeugen wir eine GWh Strom. Das heißt, wir können durch unsere Maßnahmen am Standort nur 20% des Bedarfs aus Solarstrom decken. Bei höheren Stromverbräuchen sinkt dieser Anteil sogar.

Wenn aber nicht genügend Strom auf dem Gelände erzeugt werden kann, müssen andere Lösungen her, wie PV- oder Wind-Parks.

1.2.2. Windkraft – eigene Windparks für die Industrie

Speziell für Industriestandorte ist es sinnvoll, Windparks möglichst in örtlicher Nähe zu bauen, um den Strombedarf zu decken. Dabei könnten (und sollten) Unternehmen selbst zu Strom-Erzeugern werden. Ob diese auch Betreiber des Windparks sind, als Investoren auftreten oder einen Contractor nutzen, ist primär nicht entscheidend.

Entscheidend ist, dass die Gleichung „Unternehmer = Stromerzeuger“ ein Business Case ist, bei dem Unternehmen von weitaus günstigeren Stromgestehungskosten profitieren, als wenn sie den Strom aus anderen Quellen bezögen – schon allein, weil die Margen wegfallen.

„Um die Strombeschaffung aus erneuerbaren Energien sollten sich die Unternehmen eigenständig und frühzeitig kümmern. Die Lösung dieses Problems dem Staat zu überlassen, halte ich für falsch“, findet Markus Pröll. Und weiter: „Wenn sich die Industrie selbst um die Strombeschaffung kümmern muss, ist der Druck auch höher, effizient mit diesem Strom umzugehen und dann ist es wahrscheinlicher, dass wir das Ziel einer klimaneutralen Industrie bis 2045 erreichen können. Wenn wir dagegen weiterhin als Nation die Verantwortung für das Fehlhandeln der Industrie übernehmen, dann wird die Klimawende nicht gelingen.“

2. Energieverbrauch senken: Mehr Effizienz im Produktionsprozess

Theoretisch besteht auch im Produktionsprozess ein großes Potenzial zum Energiesparen. Bisher stand nicht die Eindämmung des Energieverbrauchs, sondern die Optimierung des Produktionsprozesses im Fokus. Durch die von der Politik geförderten, billigen Energiepreise hat sich die Industrie um Verbräuche eher weniger Gedanken gemacht.

Allerdings ist die Umrüstung auf erneuerbare Energiequellen nicht unproblematisch: Durch Umbaumaßnahmen, nötige hohe Investitionen sowie Einbußen in der Produktivität werden vor allem bestehende Produktionsunternehmen stark finanziell belastet. Daher sind massive Eingriffe im Bestandsbau und im laufenden Betrieb äußerst schwierig. Zudem dürfen Einsparungen nicht zulasten der Produktqualität gehen.

Einfacher lässt es sich beim Neubau von Fabriken ansetzen, wo die Frage nach der Energieeffizienz von Anfang an berücksichtigt werden muss.

3. Rückgewinnung von Energie: Durch Sektorkopplung Abwärme sinnvoll nutzen

Im Produktionsprozess entsteht eine Menge (Ab-) Wärme. Diese wird an das Gebäude abgegeben und heizt es auf. Statt die Wärme einfach weg zu lüften, wie es derzeit viel zu oft geschieht, gilt es, diese nutzbar zu machen: Stichwort Wärmerückgewinnung.

Abwärme ist Anergie, das heißt, sie hat ein Temperaturniveau, das in der Regel energetisch nicht direkt nutzbar ist. Trotzdem können wir sie verwenden, um sie beispielsweise direkt am Standort in Erdsonden einzuspeichern und so die Regeneration des Bodens zu fördern, wenn die Wärmegewinnung aus geothermischen Quellen erfolgt (mehr zum Thema Anergie in diesem Blogbeitrag).

Wir bei goodmen energy würden die Abwärme von Industrien nutzen, um sie in ein lokales, kaltes Nahwärmenetz einzuspeisen. Dadurch wird die Abwärme Wohngebäuden zur Verfügung gestellt, indem die Wärmepumpen-Quellen damit geregelt werden. Statt also den Anergie-Überschuss im Produktionsprozess zu verlieren, besteht für uns das Konzept der Zukunft darin, Industriestandorte mit Wohngebieten zu koppeln und damit kalte Netze zu betreiben. 

Alternativ kann künftig aber auch weniger Abwärme anfallen: Neue Prozesse und Materialien tragen dazu bei, die Energieeffizienz zu erhöhen und die Wärmeabgabe zu verringern. Schon ein optimierter Motor, ein neuer Antrieb oder eine effizientere Pumpe können einen großen Unterschied machen.

4. Carbon Capture – CO2 einfangen

Leider lassen sich nicht in jedem Bereich CO2-Emissionen vermeiden. Beispielsweise gibt es bei der Herstellung von Zement keine Möglichkeit, den Prozess zu verändern, ohne grundlegende Eigenschaften zu verlieren. Es gibt also keine technologische Alternative zu den CO2-intensiven Brennprozessen. Um dieses Dilemma zu lösen, könnten sogenannte CCUS-Technologien (Carbon Capture, Utilization and Storage) helfen: Damit lässt sich das bei fossilen Verbrennungsprozessen freigesetzte CO2 abscheiden und speichern. Anschließend kann es als Rohstoff in anderen Prozessen genutzt und gebunden werden, beispielsweise zur Erzeugung von E-Fuels. 

„Das Problem ist allerdings: Am Schluss wird der Kohlenstoff wieder freigesetzt, auch wenn er hier zwei statt nur einen Prozess unterstützt. Für mich besteht die Lösung daher im Vermeiden von CO2. Das Einfangen von CO2, um es dann in Kavernen zu bunkern, ist für mich, ähnlich wie die Endlagerung in der Atomindustrie, nicht zu Ende gedacht“, meint Markus Pröll.

Zu diesem Thema wird derzeit eine Menge Forschung betrieben. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten resultieren daraus sicher neue Lösungen. Insgesamt müssen Industrieprozesse CO2-ärmer und flexibler werden, damit der Sektor treibhausgasneutral und die Klimaziele erreicht werden können.

Fazit

Kann es also mit diesen Maßnahmen gelingen, die Industrie bis 2045 klimaneutral und CO2 frei zu machen?

Technisch halten wir das für machbar. Wenn dazu noch der politische und unternehmerische Wille besteht, diese Anstrengungen sofort und ohne Verzögerung aufzunehmen, kann der Umstieg noch im vorgegebenen Zeitrahmen erreicht werden. Unterstützend wirkt hier sicher auch ein starker wirtschaftlicher Druck durch steigende Energiekosten.

Als goodmen energy fragen uns, wo wir mit unserem Handeln den größten Impact erzielen können. Natürlich ist dieser in der Industrie ungleich höher als bei der Sanierung von Einfamilienhäusern. Doch für uns zählt jede Anstrengung, denn alle Bemühungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, mal kleiner, mal größer. Es gibt genügend Arbeit – wir packen es an.