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Software-Tools für Kommunale Wärme- und Netzplanung

Die kommunale Wärmeplanung und die Netzplanung sind zwei zentrale und inhaltlich verbundene Bestandteile der Energiewende. Während die kommunale Wärmeplanung darauf abzielt, nachhaltige Wärmeversorgungskonzepte auf kommunaler Ebene zu entwickeln, beschäftigt sich die Netzplanung mit der Auslegung, Optimierung und Transformation von Wärmenetzen.

In den meisten Fällen weist die kommunale Wärmeplanung sowohl Gebiete aus, die zentral zu versorgen sind (zum Beispiel durch Fernwärmenetze) als auch Areale mit dezentraler Versorgung, in denen die Immobilienbesitzer selbst für ihre Wärmeversorgung verantwortlich sind (z.B. eine individuelle WP-Lösung als Einzelversorgung).
Für die zentral zu versorgenden Gebiete muss ein Verteilnetz vom Erzeugungsstandort zu allen Anschlussnehmern entworfen werden. Diese detaillierte Infrastrukturplanung ist kurz gesagt die Netzplanung.
Tools für die Netzplanung kommen bereits in frühen Phasen für die Entscheidung zwischen zentralen und dezentralen Lösungen zum Einsatz, um fundierte Abwägungen zu ermöglichen. Fällt die Wahl auf eine zentrale Versorgung, befasst sich die Netzplanung auch mit der technischen Ausgestaltung im Detail in späteren Planungsphasen.
Um beide Aufgaben effizient zu bewältigen, sind leistungsfähige digitale Werkzeuge erforderlich. Diese ermöglichen die detaillierte Analyse von Energiebedarfen, die Planung und Optimierung von Wärmenetzen sowie die Integration erneuerbarer Energien.

Aus dem breiten Spektrum an möglichen Software-Tools stellen wir unsere Favoriten hier vor:

Software-Tools für die Kommunale Wärmeplanung

Die kommunale Wärmeplanung dient der strategischen Entwicklung von langfristigen, nachhaltigen Wärmeversorgungskonzepten für Städte und Gemeinden. Dabei spielen Geodatenanalysen, Bedarfsberechnungen und Potenzialanalysen eine entscheidende Rolle.

ENEKA.Energieplanung

ENEKA unterstützt Planende und Kommunen bei der Entwicklung und Bewertung von Wärmeversorgungskonzepten mit seiner Toolbox. Sie bietet eine umfassende Bedarfserfassung, ermöglicht die Analyse verschiedener Versorgungsszenarien und hilft bei der Identifikation optimaler Transformationspfade für eine klimafreundliche Wärmeversorgung. Die Software-Toolbox stellt Energiepotenziale, Energieverbräuche, Kosten und Emissionen dar – skalierbar vom einzelnen Gebäude über Quartiere bis zur Stadt oder Region, deutschlandweit.

  • Bilanzierung von Wärme und Strom – getrennt oder gekoppelt, Bilanzierung nach BISKO-Standard
  • Webbasierte Toolbox mit interaktiven Karten für anschauliche Aufbereitung und Unterstützung kommunaler Entscheidungsprozesse
  • Übersichten zu zentralen Kennzahlen in Dashboards, Berichterstellungsfunktionen
  • Laufende Weiterentwicklungen zur Integration von Netzplanungsfunktionen
  • Abbildung von Energiekosten und Kosten der CO₂-Besteuerung
  • Informationsaustausch per Geowebdienste

QGIS

QGIS ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur Geodaten-Analyse und -Visualisierung. Es ermöglicht die räumliche Darstellung von Wärmebedarfen, die Abschätzung erneuerbarer Energiequellen sowie die Planung von Versorgungsstrukturen. Universell einsetzbar mit breitem Anwendungsspektrum, setzen wir es spezifisch für die kommunale Wärmeplanung ein. QGIS profitiert aber durch Weiterentwicklungen aus der gesamten Palette an geobasierten Aufgabenbereichen, wie beispielsweise Verkehrsplanung oder Umweltwissenschaften. Die Möglichkeiten der Nutzung dieser Software geht also weit über unseren Anwendungsbereich hinaus und kann für viele Bereiche auf Grundlage von geobasierten Daten eingesetzt werden.

  • erweiterbar durch eine Vielzahl von Plugins
  • Python und die QGIS-API (PyQGIS) machen benutzerdefinierte Skripte zur Automatisierung oder zur Entwicklung spezifischer Analysetools möglich
  • benutzerdefinierte Kartenlayouts mit detaillierter Anpassung von Legenden und Beschriftungen
  • ermöglicht verständliche Aufbereitung der Wärmenetzplanung auch für fachfremde Stakeholder

Projektbeispiel: Auffinden möglicher Netzausbaugebiete in einer deutschen Großstadt

Auf Grundlage bereits vorhandener geobasierter Daten (verfügbar über das örtliche Geoportal) konnten erste Kennzahlen für die Eignung von Netzausbaugebieten generiert und visualisiert werden. Die Kombination von Standardfunktionen und eigenen Analyseskripten und ein effizienter Import und Export für die Integration von externen Daten hat in diesem Projekt QGIS in Kombination mit VICUS DISTRICTS zum geeigneten Methodenbaukasten gemacht.

Software-Tools für die Netzplanung

Die Netzplanung befasst sich mit der technischen Umsetzung und Optimierung von Wärmenetzen, um eine effiziente, wirtschaftliche und nachhaltige Energieverteilung sicherzustellen. Hierbei sind sowohl die Neugestaltung von Wärmenetzen als auch die Transformation bestehender Infrastrukturen zentrale Aufgaben.

VICUS DISTRICTS

VICUS DISTRICTS ermöglicht die Simulation und Analyse von Wärmenetzen. Mit dem Tool können wir bestehende Netze optimieren, neue Wärmenetze planen und verschiedene Betriebsszenarien vergleichen. Dies erleichtert eine zukunftssichere Gestaltung der Energieinfrastruktur. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Features nah an den Bedürfnissen einer zukünftigen Wärmeversorgung mit 5gdhc Networks (5th generation district heating and cooling) durch das erfahrene Entwicklungsteam von Vicus Software (eine Ausgründung des Lehrstuhls für Bauklimatik der TU Dresden) machen es zu einem wertvollen Tool.

  • Geringe Einstiegshürde: Netzplanungstool mit intuitiver Einarbeitung und nutzerfreundlichen Oberflächen
  • Import/Export Schnittstellen per GeoJSON (GIS) für einen flüssigen Prozessablauf von kommunaler Wärmeplanung zu Netzplanung in Fokusgebieten
  • Automatische Rohrauslegung inkl. Gleichzeitigkeit und Pumpenvorschläge aus Datenbank
  • Druckverlustberechnung mit Schlechtpunktanalyse
  • Optimale Auslegung mittels Jahressimulation mit stündlicher Auflösung
  • Realistische Wärmeverluste über ein gekoppeltes Erdreichmodell, besonders für kalte Nahwärme

Projektbeispiel: Wärmenetz in historischer Ortsmitte

Geplant wurde ein Multiquellen-System für die historische Altstadt mit 4 Kilometern Länge. Herausforderungen waren das Bauen im Bestand der historischen Gebäude und der bestehenden Infrastrukturen, die nur teilerfasst waren.
Mit VICUS DISTRICTS konnten wir das Netz perfekt auf Höhe planen und so Kollisionen mit den bestehenden Leitungen und Rohren vermeiden. Die Betriebszustände des Netzes wurden erfolgreich mit der Software simuliert.

nPro

nPro ist ein leistungsfähiges, webbasiertes Instrument zur Systemauslegung und Bedarfssimulation von Wärmenetzen. Es hilft bei der exakten Dimensionierung von Netzen, der Berechnung von Lastprofilen und der Integration erneuerbarer Energiequellen, um eine wirtschaftliche und ressourcenschonende Wärmeversorgung sicherzustellen.

  • Bedarfssimulation: breite Lastprofilbibliothek, u.a. basierend auf realen Messungen
  • Sektorenkopplung: Raumwärme, Trinkwarmwasser, Klimatisierung, Nutzerstrom und Elektromobilität in einem Modell
  • Systemauslegung: auch für komplexe Energiesysteme mit erneuerbaren Energien, Wärmepumpen, Wasserstoff und saisonalen Speichern
  • Wärmenetze: Rohrdimensionierung und Berechnung von Wärmeverlusten/Gewinnen
  • Geodaten-, aber auch csv-Importe mit selbstlernender Import-Schnittstelle und kartografische Ansichten
  • Ausgabe von Investitions- und Betriebskosten, CO2-Emissionen und Primärenergieverbrauch

Projektbeispiel: Machbarkeitsstudie für ein Neubaugebiet

Für ein Neubaugebiet haben wir mit Hilfe von QGIS und nPro das Potenzial der Quellen analysiert und auch das Wärmenetz vordimensioniert. Mit QGIS ist es gelungen, das Neubaugebiet schnell und präzise abzubilden. Dabei wurden die wichtigsten Daten zu den Gebäuden hinterlegt. Die unterschiedlichen Funktionen ermöglichten es, die verschiedenen Quellen darzustellen und genaue Angaben beispielsweise zu Anzahl oder Abständen von Erdwärmesonden zu machen, die verfügbare Flächengröße von Geokollektoren zu bestimmen oder Anzahl und Abstände für Brunnenbohrungen festzulegen. Die GIS-Daten aus QGIS können ohne weiteres in nPro importiert werden, um dort das Netz auszulegen.

Herausforderung: Schnittstellen der Software-Tools

Im Zusammenspiel der einzelnen Software-Tools stellt die Datenübergabe an der Schnittstelle meist eine besondere Herausforderung dar. Nicht alle Programme sind kompatibel, nicht alle Datenausgaben für alle Programme lesbar und oft arbeiten die Software-Lösungen mit unterschiedlichen Datengrundlagen. Dies macht die Prozessabläufe nicht immer effizienter oder reibungsloser.
Neu- und Weiterentwicklungen von Softwarelösungen bieten glücklicherweise kontinuierlich neue Potenziale, denen wir auch unseren eigenen Workflow dynamisch anpassen.
Die Überschneidungen in Funktionalitäten, Einschränkungen in freien Benutzereingaben und Datenformaten können besonders bei voranschreitender Planungstiefe komplex werden. Nicht zuletzt: Bei mehrjährigen Projektlaufzeiten müssen wir immer wieder abwägen: Simulieren wir das Projekt zum wiederholten Male mit einem aktualisierten Tool oder ist der Mehraufwand für einen Methodenswitch/ein aufwändiges Update gerechtfertigt?

Warum sind diese Netzplanungstools für uns unverzichtbar?

Eine präzise Planung und Simulation ist essenziell, um Energieverluste zu minimieren, Betriebskosten zu senken und erneuerbare Energien optimal einzubinden. Mit diesem Methodenbaukasten können wir:

  • Energie- und Wärmebedarfe detailliert erfassen und analysieren
  • Kommunale Versorgungsstrategien entwickeln, die lokal angepasst und zukunftssicher sind
  • Wärmenetze effizient auslegen und Transformationen datenbasiert planen
  • Erneuerbare Energien gezielt integrieren, um fossile Energieträger zu ersetzen

Durch die Kombination dieser leistungsfähigen Tools wird sowohl eine strategische Wärmeplanung auf kommunaler Ebene als auch eine technisch optimierte Netzplanung ermöglicht. Beide Ansätze tragen entscheidend zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bei und treiben die Energiewende auf kommunaler und regionaler Ebene voran.