Energieeffizienzmaßnahmen für öffentliche Schwimmbäder: Dekarbonisierung und Transformation

Angesichts der steigenden Energiekosten und der klimaneutralen Bestrebungen vieler Kommunen wird die Implementierung von Energieeffizienzmaßnahmen immer wichtiger. In Deutschland gibt es derzeit etwa 6.000 öffentliche Schwimmbäder (im Jahr 2000 waren es noch 7.800), deren nachhaltige Bewirtschaftung einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.
In diesem Blogbeitrag erfahren Sie...
- welche Energie-Einsparmaßnahmen durch bauliche Sanierung und TGA möglich und nötig sind
- welche erneuerbaren Quellen sich zur Wärmeversorgung eines öffentlichen Schwimmbads eignen
- welche Erfahrungen wir bereits gemacht haben – anhand einiger Beispiele
- welche Einsparmöglichkeiten sich aus den geschilderten Maßnahmen ergeben
- und welches Fazit wir aus den vorliegenden Erfahrungen und Informationen ziehen.
1. Energie-Einsparmaßnahmen durch bauliche Sanierung und TGA
Zunächst sollte eine Analyse des baulichen und anlagentechnischen Zustands des Schwimmbads vorgenommen werden. An erster Stelle stehen energetische Sanierungsmaßnahmen der Gebäudehülle sowie technische Maßnahmen (Technische Gebäudeausrüstung, TGA). Durch diese kann der Energieverbrauch meist bereits erheblich gesenkt werden.
Energetische Optimierung der Gebäudehülle
Die Sanierung der Gebäudehülle, einschließlich Fassaden, Dächern und Fenstern, ist eine effektive Maßnahme zur Energieeinsparung. Durch die Beseitigung von Wärmebrücken auch innerhalb des Gebäudes – beispielsweise vom Beckenbereich zum Kassen-/Eingangsbereich – können Wärmeverluste erheblich reduziert werden. Das Gleiche gilt für die Dämmung von Außenrutschen, die im Gebäude beginnen/enden. Diese Maßnahmen tragen nicht nur zur Senkung des Energieverbrauchs bei, sondern verbessern auch den Komfort für die Nutzer, da zugige und kalte Orte im Bad verschwinden.

Energieeffiziente Heizungs- und Lüftungssysteme
Ein durchschnittliches deutsches Hallenbad verbraucht im Jahr etwa so viel Energie wie 100 Einfamilienhäuser. Ein wesentlicher Faktor dabei ist die Verdunstung des Beckenwassers, die Wärme entzieht und somit zusätzlichen Energieaufwand für das Nachheizen erfordert. Forschende haben ein neues Luftführungssystem entwickelt, das die Verdunstung reduziert: Dabei wird die Zuluft mit geringerer Geschwindigkeit von oben in das Gebäude eingebracht, wodurch eine horizontale Temperaturschichtung entsteht, die die Verdunstung minimiert. Simulationen zeigen, dass durch diese Methode der Wärmebedarf um mehr als ein Viertel reduziert werden kann.
Temperaturabsenkung bei der Warmwasserbereitung:
Durch geringere Temperaturen in den Becken, der Raumluft oder den Duschen kann viel Energie eingespart werden. Dabei gilt es allerdings, auf einige essenzielle Punkte zu achten.
- Die meisten Schwimmbäder haben mehrere Becken mit unterschiedlichen Temperaturniveaus. Um nicht die Temperatur des wärmsten Beckens für alle vorhalten zu müssen (und dann mit kaltem Wasser kühler zu mischen), sollte möglichst jedes Becken nur die benötigte Energie durch eine separate Wärmepumpe beziehen.
- Ein ähnliches Prinzip gilt auch für die Duschbereiche: Frisch-Wasser-Systeme in den Duschen tragen dazu bei, die Vorlauf-Temperaturen zu senken und gleichzeitig kein Legionellen-Risiko zu verursachen. Unter Einhaltung der 3L-Regel ist so meist ein Temperaturniveau im Wärmepumpenvorlauf von 45-50°C ausreichend.
- Auch die Beckentemperaturen selbst können moderat abgesenkt werden, ohne dass die Schwimmer auf Komfort verzichten müssen. Hier ist auch an die Abschaffung von sog. Warmbadetagen zu denken.
Abdeckung von Außenbecken:
Durch die nächtliche Abdeckung von Außenbecken wird eine starke Auskühlung des Badewassers verhindert. Dies hat einen großen Einspar-Effekt. Allerdings ist die nachträgliche Anfertigung von Abdeckungen besonders für organische Poolformen nicht immer einfach und meist sehr teuer. Hier sollte beim Neubau die Abdeckung immer gleich mitgeplant werden.
Weitere Maßnahmen nach Bedarf:
- Brauchwasser-Wärmerückgewinnung mittels Wärmetauscher auf das Frischwasser sowie Wärmerückgewinnung der Lüftung (interne Abwärmenutzung)
- Vorsicht bei Absenkung der Raumtemperatur: Gerade an Wärmebrücken kann sich durch die feuchte Luft leicht Schimmel bilden. Hier ist darauf zu achten, dass die Luftfeuchtigkeit in den oberen Luftschichten nicht zu hoch ist.
2. Wärmeversorgung aus erneuerbaren Quellen
Eine weitere zentrale Maßnahme zur Steigerung der Energieeffizienz in Schwimmbädern ist die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energiequellen. Langfristig können so die Betriebskosten erheblich gesenkt werden, und zudem müssen die Städte und Kommunen ihre CO2-Emissionen senken, damit sie das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreichen können. Für die Schwimmbäder bieten sich mehrere Möglichkeiten an, fossile Brennstoffe als Wärmequelle regenerativ zu ersetzen:
Solarthermie:
Durch die Installation von solarthermischen Kollektoren kann Sonnenenergie direkt zur Erwärmung des Schwimmbadwassers genutzt werden. Diese Methode ist besonders im Sommer effektiv und kann die herkömmliche Heizung erheblich entlasten.
PVT-Anlagen
kombinieren die Vorteile von PV und Solarthermie. Sie erzeugen sowohl Strom als auch Wärme, was die Effizienz der Energieerzeugung maximiert. Diese Doppelnutzung der Sonnenenergie ist besonders platzsparend und effizient. Der Strom wird dabei für den Eigenbedarf genutzt (Beleuchtung, Pumpen). Dies reduziert nicht nur die Stromkosten, sondern trägt auch zur CO2-Reduktion bei.
Geothermie:
Die Nutzung von Erdwärme durch Wärmepumpen stellt eine konstante und zuverlässige Wärmequelle dar. Tiefe Geothermie eignet sich besonders für Regionen mit günstigem geologischem Untergrund, aber auch oberflächennahe Geothermie ergibt, in Verbindung mit Wärmepumpen, eine gute Versorgungsmöglichkeit für Schwimmbäder.

Nah- oder Fernwärme:
Wenn in der Nähe eines Schwimmbads Wärmenetze vorhanden sind, sei es Nah- oder Fernwärme, kann das für den Betreiber eine interessante Option darstellen. Hallenbäder sind das ganze Jahr über, auch im Sommer, Abnehmer von Wärme, was sie zu attraktiven Kunden macht. Deshalb sind oft günstige Preise für den Wärmebezug möglich. Zudem kann vor allem im Sommer auch Abwärme aus der Umgebung genutzt werden – denn Hallenbäder haben einen ganzjährigen Wärmebedarf und sind daher ein verlässlicher Abnehmer. Die Entscheidung für oder gegen die Nutzung eines Nahwärmenetzes sollte auf einer Wirtschaftlichkeitsberechnung basieren, die nicht nur die Investitions-, sondern auch die Betriebskosten einer eigenen Wärmeversorgung über einen Zeitraum von 20 Jahren mit den angebotenen Wärmepreisen vergleicht.
Biomasse:
Holzpellets oder Hackschnitzel können als nachhaltige Brennstoffe in Biomassekesseln verwendet werden. Diese sind besonders in ländlichen Regionen mit leicht verfügbarem Biomassematerial, das ansonsten zu Abfall würde, sinnvoll. Nicht außer Acht lassen sollte man allerdings die CO2-Freisetzung, die zwar wesentlich geringer ist als bei Gas- oder Erdöl-Heizungen (ungefähr die Hälfte), aber doch vorhanden, so dass diese Methode aus Klima- und Umweltschutzgründen nicht uneingeschränkt zu empfehlen ist.
Beispiele aus der Praxis

Das Inselbad in Untertürkheim
In Stuttgart strebt man mit dem Inselbad in Untertürkheim ein klimaneutrales Konzept an. Hier wird die regenerative Wärmeversorgung durch die Nutzung von Flusswasser und PV-Anlagen realisiert. Die Dachflächen der Gebäude werden für Solarthermie oder PV, bzw. nach unserer Empfehlung für PVT genutzt, ebenfalls haben wir eine aquathermische Nutzung des vorbeifließenden Flusswassers vorgeschlagen. Diese (und weitere) Maßnahmen sollen die bisherige Heizung über Gaskessel und BHKW ersetzen und so eine weitgehend CO2-neutrale Energieversorgung erreichen.
Das LEUZE in Stuttgart
Das ebenfalls in Stuttgart gelegene Thermalbad besteht aus Hallenbad und Außenbecken. Die Machbarkeitsstudie sieht vor, das warme Mineralwasser als Energiequelle für mehrere Wärmepumpen zu nutzen. Diese Methode bietet eine hohe Effizienz und reduziert den CO2-Ausstoß signifikant. Ergänzend wird die Nutzung von PV- und PVT-Anlagen auf dem Gelände, einem Parkhaus und dem angrenzenden Fahrradweg geprüft, um eine möglichst autarke Energieversorgung zu gewährleisten. Eine Variante kombiniert die Quellen PVT und Abwasser eines benachbarten Kanals als optionale oder redundante Quellen für das Mineralbad, deren Potenzial über ein kaltes Netz zu einem zweiten, benachbarten Mineralbad noch besser ausgenutzt werden könnte.

Einsparmöglichkeiten in Zahlen
Durch die Umsetzung der genannten Maßnahmen können signifikante Energieeinsparungen erzielt werden. Beispielsweise kann ein durchschnittliches deutsches Hallenbad, das etwa 2.400 Megawattstunden pro Jahr verbraucht, durch eine Reduktion der Beckenwassertemperatur um 2 Kelvin bis zu 34 Prozent an Wärmeenergie einsparen. Aber nicht nur am Komfort lässt sich sparen: Durch die Verwendung effizienter Quellen und Verbesserungen in der Anlagentechnik konnten wir beispielsweise bei einem unserer Projekte mit Hallen- und Freibad eine CO2-Einsparung für die wirtschaftlichste Variante um 57 Prozent erzielen. Dabei kommt der CO2-Anteil fast ausschließlich aus dem öffentlichen Stromnetz, so dass sich die Bilanz im Verlauf noch weiter verbessern wird, wenn die Dekarbonisierung des Stromnetzes voranschreitet (80% erneuerbar bis 2030, 100 % bis 2045 nach EEG).
Energetische Schwimmbad-Sanierung: Eine gute Investition mit großem Impact
Die Implementierung von Energieeffizienzmaßnahmen in öffentlichen Schwimmbädern ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern – trotz oft hoher Anfangsinvestitionen – auch ökonomisch vorteilhaft – vor allem wenn man die Betriebskosten der nächsten 20 Jahre bei der Planung mitdenkt. Wegen des ganzjährig hohen Energiebedarfs lohnt es sich umso mehr, in eine effiziente ganzjährig verfügbare Quelle zu investieren, um dann die Kosten im Betrieb zu senken. Durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen, moderner Technik und durch bauliche Verbesserungen können erhebliche Kosteneinsparungen und CO2-Reduktionen erzielt werden.
Zur Finanzierung dieser Maßnahmen gibt es schon viele Beispiele: Benachbarte Kommunen können sich zusammenschließen und Bäder "grenz-"übergreifend gemeinsam betreiben. Zudem gibt es unterschiedliche staatliche Förderprogramme, wenn in den Bädern auch Schwimmkurse angeboten werden. Gemeinden und Städte, die in diese Maßnahmen investieren, leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und sichern gleichzeitig den langfristigen Betrieb ihrer Schwimmbäder für ihre Bürger.
Quellen:
- https://www.theagilityeffect.com/de/article/wie-wird-ein-schwimmbad-energieeffizient/
- https://www.energiewendebauen.de/news/de/innovative_luftfuehrung_senkt_energiebedarf_in_hallenbaedern
- https://broschuerenservice.mags.nrw/files/download/pdf/broschuere-schwimmbad-final-pdf_von_energieeffizienz-in-schwimmbaedern_vom_energieagentur_1328.pdf