Contracting – Wärme-Energie als private Dienstleistung
Daneben gehören die Wartung und die kontinuierliche Optimierung (Monitoring) der Anlagen sowie der Einkauf bzw. die Bereitstellung der Energie selbst zu den üblichen Aufgaben des Contractors, der sowohl die technische Umsetzung als auch die Finanzierung und die finanziellen Risiken übernimmt.
Seinem Auftraggeber/Kunden garantiert der Contractor die Einhaltung der Vertragsziele über die gesamte Laufzeit – meist 10-15 Jahre lang. Auftraggeber bzw. Kunden sind Gebäudeeigentümer, WEGs und Hausverwaltungen, Kommunen oder auch Energielieferanten.
Nahwärmenetze und Wärme-Contracting
Mit der Verbreitung dezentraler Quartiersversorgungen sind komplexe Nahwärme-Versorgungsanlagen, gespeist aus unterschiedlichen Umweltquellen, entstanden.
Da die Quartierswärme- und -kälteversorgung aber zunächst eine Randerscheinung war, haben sich die meisten Stadtwerke erst einmal kaum dafür interessiert – solche Projekte wurden als zu klein und nicht zukunftsfähig eingestuft. Die Regelung, der Unterhalt und die Wartung von Nahwärmenetzen sind aber relativ komplex und benötigen mehr Zeit und ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge der Vorgänge als beispielsweise Fernwärme. Daher haben Contractoren diese Versorgungslücke gefüllt und hieraus ein eigenes, umfassendes Geschäftsmodell entwickelt.
Wir sprechen in diesem Blogbeitrag schwerpunktmäßig von der Wärme- und Kälteversorgung.
Unterscheidung von vier Contracting-Arten:
In Literatur und Praxis wird zwischen vier verschiedenen Contracting-Arten unterschieden:
Energiespar-, Energieliefer-, Betriebsführungs- und Finanzierungs-Contracting.
Die ersten beiden Arten sehen wir uns etwas intensiver an:
1. Energiespar-Contracting
Das Energiespar-Contracting (auch Energy Performance Contracting, EPC) nimmt rechtlich, inhaltlich und verfahrenstechnisch eine Sonderform ein: Vertragsinhalt ist bei diesem Contractingmodell die garantierte Einsparung von Energiekosten für die Vertragsnehmer innerhalb der Vertragslaufzeit. Der Contractor übernimmt die erforderlichen Investitionen zur Optimierung der (vorhandenen) Anlage und zur Steigerung der Energie-Effizienz und kann entsprechende Maßnahmen ergreifen – auf eigenes Risiko. Einen Teil der eingesparten Energiekosten erhält der Contractor als Vergütung.
2. Energieliefer-Contracting (Energy Supply Contracting)
Bei dieser Contracting-Art plant, finanziert und baut der Contractor eine Anlage zur Energiebereitstellung – in unserem Fall meist ein Nahwärmenetz. Damit stellt er den Vertragspartnern – Gebäudeeigentümer oder Kommunen – die Wärme- und Kälte-Energie für einen festgelegten Zeitraum zu vereinbarten Konditionen zur Verfügung. Vertragsgegenstand ist also die Lieferung der Energie.
Beim Betriebsführungscontracting übernimmt der Contractor eine vorhandene Anlage und führt auf eigenes Risiko Optimierungsmaßnahmen durch.
Das Finanzierungscontracting beinhaltet Planung, Finanzierung und Bau einer Anlage, die aber einem anderen Betreiber, z. B. einem Stadtwerk, gehört. Dieser Betreiber ist durch die Unterstützung des Contrctors in der Lage, die Anlage umweltschonend zu führen. Die Investitionskosten des Contractors muss der Betreiber in der Vertragslaufzeit an diesen zurückzahlen/tilgen.
Contracting – was bringt es?
Energie-Contracting ist ein wirksames Instrument, um die Energieeffizienz von Gebäuden zu steigern und Quartiere klimafreundlich und energieeffizient zu versorgen.
Der Contractor verkauft Endkundenwärme und ist damit stark an der Effizienz seiner Anlage interessiert. Wenn er die Anlage gut betreibt und wartet, steigen Effizienz und SJAZ[1] der Anlage und damit sein Profit. Der Contractor ist also per se daran interessiert, eine effiziente Anlage zu betreiben und muss diese langfristig gut warten und monitoren, um Abweichungen gegenzusteuern und Einbußen zu vermeiden.
Von der ausgelagerten, technischen und betriebswirtschaftlichen Serviceleistung profitieren auch Investoren, die große Gebäudekomplexe realisieren, aber mit der Energieversorgung und Abrechnung überfordert sind.
Durch das Contracting – allen voran durch das Energieeinspar-Contracting – verbessert sich die Energiebilanz von Gebäuden und Quartieren, denn dadurch sinken Energiekosten und Treibhausgasemissionen. Daher trägt das Contracting laut dena zum Gelingen der Energiewende bei.
[1] System-Jahresarbeitszahl

Contracting mit kalter Nahwärme: Auf die Bilanzierungsgrenze kommt es an!
Der Contractor plant, baut, betreibt Anlagen zur Wärme-/Energieversorgung – er sorgt für die nötige Energiebeschaffung und finanziert das Ganze – so weit, so gut. Bei einem warmen Wärmenetz ist alles klar: Hier hängt der Wärmemengenzähler an der Wärmeübergabestation beim Endkunden und bis dorthin wird durch den Contractor abgerechnet. Der Bilanzraum geht also genau bis zum Zähler.
Wie sieht es aber bei ein Low-Ex-Netz oder einem kalten Netz aus?
Diese Netzarten benötigen dezentrale Wärmepumpen beim Verbraucher. Das Low-Ex-Netz nur Booster-WP, die das 40 °C warme Wasser aus dem Netz erhitzt, um das Trink-Warmwasser legionellenfrei zu halten. Im Kalten Netz sind die Wärmepumpen für Heizung und Warmwasser im (Dauer-)Einsatz.
Doch wem gehören diese Wärmepumpen im Haus? Dem Hauseigentümer oder dem Contractor? Dafür gibt es bisher keine Vorgaben. Wenn aber der Vertrag mit dem Contractor darauf lautet, Wärme zu liefern, sollten die Wärmepumpen dem Contractor gehören, der dann auch alleine zur Steuerung der Wärmepumpe berechtigt ist. Und in diesem Fall befindet sich der Zähler HINTER der Booster-Wärmepumpe.
So wird aus dem energetisch hocheffizienten System "Kalte Nahwärme" für den Contractor auch ein wirtschaftlich-attraktives Geschäftsmodell, in dem er – trotz der „kostenlosen“ Quellwärme (beispielsweise aus Erdwärme) – seine hohen Anfangsinvestitionen in Bohrung und Sonden auf die Betriebskosten umlegen kann.
Werden kalte Nahwärmenetze also benachteiligt?
Ja, findet Markus Pröll, goodmen energy-Standortleiter München.
Denn problematisch ist, dass dezentrale Wärmepumpen von der Bafa im Modul 4 (Betriebskostenzuschuss = Strombedarf der WP) nicht gefördert werden – egal, ob sie dem Einzelnen gehören oder Teil eines Contracting-Systems sind. Und so entgeht dem Contractor hier ein Förderzuschuss, der das System zumindest theoretisch gleich weniger attraktiv macht. Dabei sind die finanziellen Boni einer Betriebskostenförderung im Einzelfall oft gar nicht relevant. Aber allein das Wissen um eine vermeintliche Benachteiligung führt dazu, dass Contractoren ineffizientere Anlagen mit zentraler Wärmepumpe bauen, nur um den Betriebskostenzuschuss zu erhalten.
„Werden in einem kalten Netz dezentral positionierte Wärmepumpen vom Contractor bezahlt, installiert und betrieben, wird Wärmeenergie an den Endkunden verkauft – und zwar im Ergebnis genauso, wie bei warmen Netzen. Dann sind die dezentralen Wärmepumpen Teil des Versorgungssystems. In diesem Fall sehe ich keinen Grund, warum dezentrale Wärmepumpen nicht mitgefördert werden könnten", folgert Markus Pröll. "Ich erkenne hier klar eine Gesetzeslücke.“
Vielleicht wäre es sinnvoller, Anlagen ab einer bestimmten Größe zusätzlich zu unterstützen, und Nahwärmenetze technologieneutral zu fördern, so Markus Pröll weiter. „Denn derzeit werden oft Wärmeverluste und schlechtere JAZ für eine geringe Fördersumme in Kauf genommen. Da frage ich mich, ob der Bafa bewusst ist, dass sie dadurch ineffizientere Anlagen pusht?“
Contracting und Wärmewende = ein Match mit politischen Herausforderungen
Trotzdem: Contracting hilft bei der Umsetzung der Wärmewende. Mit dem Verkauf von Endkundenwärme ist der Contractor daran interessiert, dass seine Anlage effizient und damit profitabel für ihn arbeitet. Je besser die JAZ, desto höher seine Gewinne bei einer gut ausgelegten und richtig dimensionierten Anlage. Durch lange Vertragslaufzeiten bis zu 20 Jahren können Investitionen in besonders effiziente Systeme verlässlich auf den Kunden umgelegt werden.
Allerdings gilt es darauf zu achten, diese Motivation nicht durch falsche oder fehlende Anreize zu verspielen – denn im Moment setzt die Politik bei der Wärmewende mehr auf Geschwindigkeit als auf Effizienz. Der Preis für eine geringere Effizienz aber wären hohe Wärmekosten im Betrieb und ein vermehrter Strombedarf.