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Fassadenkollektoren als Quelle für Wärmepumpen

Urbane Wärmewende, na klar! Doch gerade innerstädtisch sind die Quellen für Wärmepumpen oftmals knapp. Der Gebäudebestand steht eng beisammen und ist meist mehrstöckig. Was liegt da näher, als die Gebäudehülle selbst als Quelle zu nutzen? In ihrer Dissertation hat unsere Mitarbeiterin Dr.-Ing. Lotta Koch die Effizienz von Fassadenkollektoren aus Hochleistungsbeton UHPC untersucht.

Insbesondere bei einer anstehenden Sanierung können hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Fassadenkollektoren, z. B. als vorgehängte hinterlüftete Fassade, ermöglichen zum einen eine architektonisch hochwertige und gestaltbare Fassade mit dem nötigen Wärmeschutz. Zum anderen können die Kollektoren als geräuschlose Quelle für eine Wärmepumpe dienen. Diese Synergien führen meist zu einer hohen Kosteneffizienz.

Quellenverfügbarkeit

Die Zahl der verbauten Wärmepumpen in Deutschland wächst und wächst und mit ihr das Wissen darüber, worauf es beim Wechsel auf ein Wärmepumpensystem ankommt. Eine Luftwärmepumpe ist günstig in der Anschaffung und lässt sich fast überall einbauen. Die Außenlufteinheiten werden zwar immer leiser, doch ganz stumm sind sie nicht und man muss sie irgendwo unterbringen, möglichst nicht in der Nähe von Nachbars Wohnzimmerfenster. Hier greift die TA-Lärm. 
Ökologischer und effizienter ist meist eine Erd- oder Grundwasserwärmepumpe, doch muss man Platz und Möglichkeit für die Bohrung von Sonden oder Brunnen oder das Verlegen eines Erdkollektors haben. 
Doch was tun, wenn dieser Platz nicht vorhanden ist?
(Eine Veröffentlichung zur Quellenverfügbarkeit ist hier zu finden: https://bit.ly/42aPwki)

Gebäudehülle aktivieren

Gerade bei Platzknappheit im urbanen Raum bietet sich eine Aktivierung der Gebäudehülle an. PVT-Kollektoren als alternative oder zusätzliche Quelle für Wärmepumpen sind mittlerweile in aller Munde. Mit ihnen kann gleichzeitig Strom und die benötigte Quellwärme für die Wärmepumpe erzeugt werden. Sie eignen sich ebenfalls sehr gut zur Regenerierung des Erdreichs und können somit auch zur Reduzierung der Quellen im Erdreich verhelfen. Bei goodmen energy waren PVT-Kollektoren schon in vielen Projekten Teil des Energiekonzepts. 
Für PVT-Kollektoren bietet sich insbesondere das Dach an. Auch die Fassadenflächen kommen prinzipiell für PVT-Kollektoren in Frage. Allerdings mit Abstrichen, denn: Zum einen ist der Stromertrag an der Fassade geringer als auf optimal zur Sonne orientierten Flächen, die sich eher auf Dächern realisieren lassen. In Gebieten mit dichter Bebauung ist zudem mit Verschattung zu rechnen und der Ertrag verringert sich dann noch weiter. Die Wirtschaftlichkeit von PVT-Kollektoren sinkt damit deutlich. 
Zum anderen haben PVT-Kollektoren eine spezielle Optik. Es ist die Optik der PV-Module, die technisch wenig Gestaltungsspielraum mitbringt – höchstens farblich kann sie variieren. Für Architekten mit ihren gestalterischen Ansprüchen sind solche Fassaden daher oft indiskutabel.

Architektonisch gestaltbare Fassadenkollektoren

Eine optisch anspruchsvolle Alternative können architektonisch gestaltbare, fluiddurchströmte Fassaden bieten. Diese nehmen Wärme wie PVT-Kollektoren aus der Umgebung und von der Sonne auf und stellen sie einer Wärmepumpe als Quelle zur Verfügung. Je nach thermischer Effizienz und erreichtem Temperaturniveau kann die Wärme der Fassadenelemente, bzw. Fassadenkollektoren auch direkt verwendet werden. In einer Reihe von Forschungsprojekten hat das Fraunhofer ISE durchströmbare Elemente aus Ultra-Hochleistungsbeton (UHPC) entwickelt und untersucht.  Diese Elemente können die Grundlage von verschiedenen Fassadenkollektoren, aber auch von thermisch aktiven Elementen im Innenraum bilden. Diese TABSOLAR®-Kollektoren sollen bald an einem Demo-Gebäude zum ersten Mal zum Einsatz kommen.

UHPC eignet sich als Material für Fassadenkollektoren aus verschiedenen Gründen: Zum einen können sehr hohe Spannweiten bei geringer Materialstärke erreicht werden. Das Material ist zudem so dicht, dass es für Wasser undurchlässig ist. Das heißt, die Fluidkanäle können ohne zusätzliche Materialien direkt in den UHPC geformt werden. Gut für ein späteres Recycling. Zum anderen können sehr vielfältige, feine Strukturierungen und verschiedene Farbtöne auf die Oberfläche gebracht werden. Als passive Fassadenverkleidung wird UHPC bereits verwendet.  
Ob diese Kollektoren aus Beton letztendlich die Basis für ökologisch vorteilhafte und ökonomisch wettbewerbsfähige Systeme sein können, habe ich in meiner Doktorarbeit untersucht.

Ökologisch vorteilhaft

In meiner Dissertation habe ich das energetische und ökologische Potenzial von unverglasten Fassadenkollektoren aus UHPC als Quelle für eine Wärmepumpe untersucht. Über Komponenten- und Systemsimulation habe ich den Strombedarf von verschiedenen Kollektor- und Referenzsystemen anhand eines typischen Mehrfamilienhauses in Deutschland bestimmt. Über eine detaillierte Materialanalyse konnte ich daraus den Primärenergiebedarf und die CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus bestimmen. Zur Bewertung aller relevanten Systemkomponenten nutzte ich die ecoinvent-Datenbank.

So konnte ich zeigen, dass Kollektorsysteme mit ausreichender aktiver Fassade gegenüber Luftwärmepumpen ökologisch im Vorteil sind. Dies war sogar der Fall, wenn nur die Nordfassade aktiviert wurde, also die Wärme hier nur aus der Umgebung entzogen wurde.  Mit Hilfe eines Eisspeichers gelang es, den Ertrag durch Solareinstrahlung deutlich zu erhöhen. So konnten die Kombisysteme sogar gegenüber einer Erdwärmepumpe Strom einsparen. Ökologisch waren die Systeme etwa gleich auf. 
Eisspeicher sind zwar nicht genehmigungspflichtig, aber sie benötigen auch Platz. In der Stadt bieten sich dazu ggf. Kellerräume oder größere Quartierslösungen an.

 

Fazit

Fassadenkollektoren können eine alternative Quelle für Wärmepumpen darstellen. Insbesondere bei einer anstehenden Sanierung bietet sich diese Quelle an, da dann durch Synergien die Kosteneffizienz gesteigert werden kann. Schon jetzt gibt es Demonstrationsgebäude mit thermischen Kollektoren als Quelle für eine Wärmepumpe. Die vorgestellten TABSOLAR®-Kollektoren haben zwar schon eine eingetragene Marke, sind jedoch noch im Forschungsstadium. Für uns als Planungsunternehmen wird sich bei Marktreife der Baukasten an möglichen Quellen erweitern und wir können auch Lösungen anbieten, wo es aktuell kaum Alternativen gibt.

 

Meine Dissertation können Sie hier downloaden: 
https://mediatum.ub.tum.de/?id=1688924

Auf der Webseite von https://tabsolar.de/ gibt es noch ausführliche Berichte zu den Forschungsvorhaben. Außerdem kann ein Fernsehbeitrag des SWR vom 6.5.2023 abgerufen werden, bei dem auch diese Projekte vorgestellt werden.

Beispiele für passive UHPC-Fassaden gibt es z. B. hier: 
https://www.taktl-llc.com/featured-projects/