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Digitale Methoden und Tools: So kommt Tempo in Gebäudesanierungen und Quartiersplanungen

Die Baubranche in Deutschland kämpft aktuell mit Fachkräftemangel, Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung und der Zinslage – dies bremst die Geschwindigkeit der Sanierungs- und Bauprozesse. Daneben spielen vor allem die langen Planungs- und Genehmigungsphasen eine entscheidende Rolle dabei, dass das Bauen in Deutschland so lange dauert. Die Vielzahl von Vorschriften und nicht-standardisierten Vorgaben im föderalen System Deutschlands verlangsamt den Prozess zusätzlich. Eine Vereinfachung und Entbürokratisierung bei der Bearbeitung von Bauanträgen wäre sicherlich erstrebenswert.

Digitalisierung als Beschleunigungsfaktor

Die Digitalisierung kann dazu beitragen, diesen Prozess zu beschleunigen. Dabei spielt die Digitalisierung der Gebäudebestandsdaten eine Schlüsselrolle: Die Bestandsdatenerfassung von Gebäuden und Quartieren hilft, Sanierungs- und Planungsprozesse effizienter zu machen und präzisere Informationen über die vorhandene Bausubstanz zu erhalten. In diesem Kontext werden verschiedene Methoden und digitale Tools eingesetzt, um die Bestandsaufnahme zu optimieren.

Digitalisierung in der Gebäudesanierung

Um den Zustand von Gebäuden für energetische Sanierungen genau zu erfassen, sind herkömmliche Methoden oft zeitaufwändig, da nicht immer (korrekte) Pläne vorhanden sind – schon gar nicht in digitaler Form. Die Nutzung von Laserscans, LiDAR und Fotogrammetrie bietet präzise und schnelle Lösungen. 360°-Fotografie erleichtert die Bestandserfassung zusätzlich und ist in Form von leistungsstarken Apps für Tablets und Smartphones verfügbar. Aufmaß-Arbeiten können so schnell, einfach und ohne große Vorkenntnisse mit dem Laserscanner erledigt werden. So sind alle Daten jederzeit griffbereit, BIM-konform aufbereitet und beispielsweise auch für einen iSFP (individuellen Sanierungsfahrplan) nutzbar.

Software-Lösungen für effiziente Gebäudeaufnahme

Der Einsatz von Laserscanning-Technologien ermöglicht beispielsweise eine hochpräzise Vermessung von Gebäuden und Quartieren. Durch die Erfassung von Millionen von Punkten werden dreidimensionale Modelle generiert, die eine genaue Darstellung der Strukturen bieten. Diese Modelle dienen nicht nur der Dokumentation, sondern auch als Grundlage für weitere Planungs- und Analyseprozesse. 
Tablet-kompatible Software-Lösungen wie "GebäudeCheck" von Plan4 ermöglichen nicht nur Vermessungsfunktionen, sondern auch eine umfassende Bewertung von Gebäuden nach verschiedenen Kriterien. Durch Kategorisierung, z. B. nach Baujahr, Fensterart und Zustand können detaillierte Sanierungspläne mit Kostenkalkulation erstellt werden. Diese digitalen Tools versprechen erhebliche Zeit- und Kostenersparnisse.

Umgang mit unvollständigen Daten

Bei unvollständigen Gebäudedaten bieten Datenbanken und Berechnungsprogramme wie der U-Wert Rechner Unterstützung. Erfahrungswerte können genutzt werden, um fehlende Informationen zu schätzen. Die Herausforderung unterschiedlicher Datenformate wird durch die Erstellung digitaler Gebäudezwillinge überwunden, die verschiedene Datenquellen integrieren.

Building Information Modeling (BIM)

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Anwendung von Building Information Modeling (BIM). BIM ermöglicht nicht nur die Erfassung von geometrischen Informationen, sondern integriert auch zusätzliche Daten über Materialien, Bauteile und technische Systeme (und vieles mehr). Dies erleichtert nicht nur die Bestandsaufnahme, sondern auch die Planung von Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen. Die kollaborative Natur von BIM ermöglicht es Fachleuten verschiedener Gewerke, gleichzeitig an einem Projekt zu arbeiten und Informationen in Echtzeit zu aktualisieren.
(Einen Überblick über digitale Tools und Methoden finden Sie auch hier: https://www.gebaeudeforum.de/wissen/digitale-methoden-und-tools/digitale-bestandsaufnahme/)

Digitalisierung in der Datenerfassung für Neubaugebiete und kommunale Wärmeplanung

Die Digitalisierung spielt nicht nur bei der Sanierung, sondern auch bei der Erschließung neuer Baugebiete und der kommunalen Wärmeplanung eine entscheidende Rolle.

Energiekartografie für effiziente Datenerfassung

Steht in Städten und Gemeinden eine kommunale Wärmeplanung an oder sollen neue Baugebiete erschlossen werden, ist es nötig, zunächst einen Überblick über die Lage bezüglich der energetischen Anbindung zu erhalten. Ist das Gebiet schon durch ein (Fern-)Wärme-Netz erschlossen? Liegen hierfür Daten vor? 
Statt alle Daten selbst aus Archiven oder von diversen Websites zusammensuchen zu müssen, stehen Tools zur Verfügung, die Geo- und Bodendaten stets in aktueller Form nutzen. Eines davon hat unser Partner im NETZ-WERK REGENERATIV, ENEKA Energiekartografie, entwickelt. Das Tool dient zugleich als Datenbasis und Werkzeug und bietet aktuelle Geo- und Bodendaten für eine effiziente Datenerfassung und -nutzung. Der Einsatz von Algorithmen zur Gebäudeerkennung beschleunigt die energetische Analyse und ermöglicht sektorenübergreifende Potenzialanalysen mit geringem Aufwand.

Sektorenübergreifende Analyse für kommunale Wärmeplanung

Die Kommunale Wärmeplanung erfordert nicht nur Gebäudebestandsanalysen, sondern auch Bedarfs-, Versorgungs- und Potenzialanalysen von Quartieren in der Planung. Digitalisierte Tools ermöglichen eine sektorenübergreifende Ermittlung von Energiepotenzialen, -verbräuchen, Kosten und Emissionen für Gebäude und ganze Gebiete. Die Daten, die hierfür benötigt werden, bezieht das ENEKA-Tool teils aus frei verfügbaren, teils aus zahlungspflichtigen Datenquellen. 
Ein Gebäudeerkennungs-Algorithmus, der ein typisches Gebäude untersucht, kann Schlüsse zu den energetischen Bedarfen des Viertels ziehen und somit die Aufnahme beschleunigen. Energetische Analysen und davon ausgehende Potenzialermittlungen und Maßnahmenempfehlungen werden mit wenig Aufwand und hoher Treffsicherheit erstellt.
Dies beschleunigt die Planung und ermöglicht eine präzise Umsetzung regenerativer Energieversorgungslösungen.

Ganzheitliche Lösungen durch Expertenkooperationen

In Deutschland müssen dringend mehr Gebäude energetisch saniert werden, damit der Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral sein wird. Derzeit liegt die Sanierungsquote laut Berechnungen des Bundesverbandes energieeffiziente Gebäudehülle e.V. bei lediglich 0,83% - es müssten aber jährlich 2% des alten Gebäudebestands saniert werden, um das Ziel zu erreichen. 
Um die Energiewende im Gebäudebereich erfolgreich umzusetzen, sind Kooperationen von Experten verschiedener Fachbereiche essenziell. Die Zusammenarbeit beschleunigt und vereinfacht komplexe Prozesse und verringert die Wahrscheinlichkeit von Anschlussfehlern. Durch die Kombination von regenerativen Energieversorgungslösungen und digitalen Tools können Quartiersentwickler, Stadtplaner und Kommunen effiziente Lösungen für eine nachhaltige Gebäude- und Quartiersversorgung realisieren. Mehr zum Thema Expertenkooperationen im Hinblick auf die Wärmewende erfahren Sie beim NETZ-WERK REGENERATIV.